24.11.2014 13:33

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Kiambogo – Nakuru: „Nur“ eine Frau

Heute ist es so weit, es ist Montag, der 21. Juli 2014 und mein Traum wird wahr!  Ich werde durch Kenia laufen. Zumindest für drei Tage. Als Frau, und  alleine.

Von Kiambogo, einem kleinen Dorf in der Nähe von Longonot, einem Ort auf der Straße von Nairobi nach Nakuru. In drei Tagen und etwa 90 km werde ich hoffentlich in Nakuru ankommen. 

Grenzen entstehen im Kopf. Es gibt sie!  Natürlich! Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das gibt uns Sicherheit. Aber nein! Nicht für mich. Ich will mehr! Raus, und leben. 

"Solange der Kopf will, kann der Körper", sagte einst Reinhold Messner. Mehr noch, solange ich etwas will, geht es!

Ich laufe jetzt seit 15 Jahren.  Nicht schnell.  Nicht extrem. Aber ich weiß genau was ich kann. Vieles ist für Frauen schwerer, als für das männliche Geschlecht. Doch ich, ich möchte das jetzt schaffen. Für mich! Und für alle, die sich von diversen Grenzen von ihren Träumen abhalten lassen. Mehr als es nicht zu schaffen, kann nicht passieren. Es aber nicht einmal zu versuchen, das alleine sehe ich persönlich als Scheitern an.

Das ist jetzt mein fünfter Aufenthalt in Kenia.  Unabhängigkeit auch hier ist mir sehr wichtig und jedes Mal geht ein bisschen mehr.  Mit meiner Liebe zum Land,  Mut und Verstand,  vor allem aber mit Respekt und Achtung vor Afrika und mit gehöriger Demut vor meinen eigenen Grenzen!

Die 18 km lange Strecke von Kiambogo nach Naivasha hab ich vorgestern getestet. Dann war es klar für mich: Es wird gehen!  Und Ziele sind da, um sie zu erreichen. Nicht um jeden Preis.  Aber doch. Aufgeben gibts nicht!  Und Träume sind da, um gelebt zu werden.  Wenn man(n) oder Frau denn welche haben.

Also ging es am Montag früh los. Etwa 90 km in 3 Tagen. “Even my kenyan running friends told me: "Claudia, think again.  Nakuru is far. Who will carry your things?" Ich! Ich alleine, Gewand zum Wechseln,  Zahnbürste, Desinfektionslösung und Pflaster.  Etwas Wasser. Geld. Und Vertrauen. Es wird gehen. Ich schaffe das. 

Der erste Tag war fein.  Runter von Kiambogo, ganz alleine. Außer mir nur ein paar Schaf- und Ziegenhirten. Ich genoss jede Sekunde, denn ich wusste, dass das der nette Teil ist. Den Lake Naivasha stets im Blick vor mir. Das ist Laufen! Das ist mein Leben! Nicht alles davon, aber ein großer Teil. Achtsamkeit auf den Untergrund, Vorsicht vor Kakteen, die am Boden liegen. Nach etwa einer Stunde  erreichte ich den "Highway". Etwa 80 km wird er nun mein ständiger Begleiter sein. Entgegen dem Verkehr, immer aufmerksam. Ja in Afrika wird auf dem Highway Rad gefahren. Und eine verrückte „Mzungu“, sprich eine Europäerin, läuft mit gelbem Kopftuch, roter Sonnenbrille und Rucksack alleine durch die Gegend. Alle 30 Sekunden bläst mir ein LKW eine schwarze Rauchwolke entgegen aus Fahrzeugen die in Europa wohl schon 20 Jahre verboten wären. Nach 2 h 6 min und etwa 18 km erreiche ich sicher Naivasha. Was morgen kommt weiß ich nicht. Wie weit? Alles wird neu sein! Heute ist heute. Alles morgen werde ich morgen lösen. 

Ich bin früh aufgestanden. Naivash, eine der großen Supermarkt Ketten hat schon auf. Brot und Diet Coke sitzend auf den Stufen davor sind mein Frühstück. Und los geht es. Der Rucksack ist heute schwerer.  Meine Beine müde. Wasser macht mir Sorgen.

Mein iPod hat die Gabe mich immer dann zu pushen,  wenn ich es brauche. Plötzlich stehen vor mir einige Zebras neben der Straße. Ein kurzer Schreckmoment. Ich hab im Hinterkopf: „Zebras beißen". Gott sei Dank sind sie scheu. So wie die großen Affen etwa zehn Minuten später.  Nach zwei Stunden wird das Wasser knapp. Die letzte Falsche im Bauchriemen meines Rucksacks ist fast leer. Und nichts weit und breit. Aufheben so lange es geht!  In der Ferne ein paar Häuser. Bitte, bitte, bitte. Ein paar Burschen verkaufen an der Straße Joghurt.  Ich frage:"water". Sie stürmen zu mir.  Ich dreh mich um. Auf einem Schild steht „Naivasha 18 km“. Ok, noch etwa 11 km vor mir. Der Rucksack wird immer schwerer. Ich versuche relativ wenig zu gehen,  denn jedes Mal wieder zu laufen zu beginnen schmerzt. Nach etwa 3 h 15 min sehe ich einen Ort. Stopp! Gehen! Genug! So oder so. In Österreich drei Stunden zu laufen ist nichts! Doch hier auf 2400 hm bekomme ich schwerer Luft. Mit Rucksack und Blasen vom Sand wird das Laufen zur echten Herausforderung. 

"Ich mag nimma", so meine Gedanken. Ich will einfach nur mehr gehen, und Wasser.  Eine Frau gibt mir Auskunft,- ja, das sei Gilgil und zeigt mir wo ich Wasser kaufen kann. Besser noch: Diet Coke. Ich rufe Lokomwa,  einen langjährigen Freund vom Lauf Team an, bei dem ich diese Nacht schlafen werde,  und plötzlich ist alles gut. Morgen geht's weiter. 

Der Rucksack ist am dritten Tag leichter, die Bein lockerer. "2 Stunden laufen, dann könntest du gehen und kämest im Hellen nach Nakuru." So meine Kalkulationen. Ich fürchte diese Stadt etwas, so stets mein Blick auf die Uhr. Ich laufe und laufe. Es geht anfangs viel bergab, dem Lake Elementeita entlang. Dieses Mal kommen ständig kleine Ortschaften, doch auch mehr Verkehr. Ständig Gegenwind von den Trucks und deren schwarzen Rauchwolken.

Solange ich noch fit bin, winke ich ihnen auf ihr Hupen und antworte ihren Gruß. Es wird sehr hügelig, so entschließe ich mich, stets bergauf zu gehen, um meine Muskeln zu schonen, denn ich weiß nicht, was noch kommt. Doch dieses Mal ist alles gut. Etwa nach vier Stunden und ein paar Minuten erreiche ich Nakuru.  Vorbei an Touristen „Sights“, Hotels und "Luxus", bin ich doch glücklich,  hier zu sein: neben dem Highway,  schmutzig und müde,- aber frei.  

Etwa 2 km vor dem Stadtzentrum Nakurus nehme ich ein Matatu, stets überfüllter Kleinbusse, die den gesamten öffentlichen Verkehr abwickeln und wirklich alles und jeden transportieren.  Besser nichts riskieren, denke ich, in der Stadt, vor dessen Kriminalitätsrate mich alle gewarnt haben. So warte ich fast zwei Stunden bis ein anderes Matatu endlich wieder "heim" nach Naivasha fährt, denn erst wenn auch der letzte Stuhl besetzt ist, fahren diese los, damit es sich für Fahrer und Kassier auch wirklich lohnt.

Und genau dort war denn auch Ende! Müde, aber happy! Und mit der Bestätigung, dass im Leben fast alles geht,  wenn FRAU/ man denn will. Laufen und Kenia ... ich weiß, da kommt noch mehr.

 

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Mag. Claudia Ecker-Kosgei